Miese Zeiten im Kolibri-Land 
Im Leben ist nicht alles Gold, was glänzt. Diese Erfahrung machen Jahr für Jahr zahlreiche – wirklich zahlreiche! – deutschsprachige Paraguay-Zuwanderer. Denn irgendwann bestimmt auch für die hoffnungsvollsten Frischlinge der paraguayische Alltag das Leben. Meist kommt damit dann auch die Erkenntnis, dass man sich wohl einiges bis vieles schön geredet hatte. Wie also sieht das Leben in Paraguay tatsächlich aus?

Negativ: Es gibt leider immer noch etwas Korruption im Land der Sonne. Das ist gut für die, die es sich leisten können zu korrumpieren, aber maßlos schlecht für den Rest. Ohne ausreichende Geldmittel können auch Arztbesuche, Operationen, der Schulunterricht für die Kids, Einkaufen oder das ewige Sparen das erhoffte schöne Leben trüben. Klar, mit wenig oder gar keinem Geld eröffnen sich in keinem Land der Erde tolle Zukunftsperspektiven. Allerdings gehört Paraguay zu jenen Ländern, wo man als Zugewanderter auf keine Sozialleistungen hoffen kann, keine finanziellen Zuschüsse oder Hilfen bekommt und sehr rasch lernt, dass selbst die ärztliche Versorgung, Krankenhausaufenthalte oder nagender Hunger eben nur mit eigenen Geldmitteln bereinigt werden können. Auswanderern ist also dringenst ans Herz zu legen, nur mit dem unverzichtbaren finanziellen Rückhalt einen so entscheidenden Schritt zu wagen. Das gilt besonders, wenn Kinder nach Paraguay mit kommen, aber auch ältere Menschen oder Pflegefälle. In Paraguay kann man toll, zufrieden und glücklich leben. Aber nicht ohne finanzielle Absicherung.

Ebenfalls ein Manko: das kulturelle Angebot für Europäer ist hier recht dünn gesäht. Zum Glück kann man sich heute mit einer guten VPN-Verbindung (umgeht die Geo-Sperren von TV-Sendern) im Internet jedes beliebige deutsche Programm reinziehen. Das erstetzt zwar keinen festlichen Opernabend, ist aber immer noch besser als jene Zeit in den 80er Jahren, wo man sich um alte Illustrierte, wie den Stern oder den Spiegel, kloppte, die von deutschen Neuankömmlingen mitgebracht wurden. Auch gute Freundschaften sind bei den meisten Zugewanderten dünn gesäht. Das liegt zum Teil an den laxen Einwanderungsbedingungen Paraguays, weswegen eben nicht nur die Creme de la Creme einwandert; zum anderen daran, dass man sich schwer tut, die Landessprache vernünftig zu erlernen, um gute Kontakte zu den Einheimischen zu pflegen.

Der Mangel an netten neuen Freunden wird dann oft durch Stammtisch-Bekanntschaften ersetzt, welche in der Regel zumindest eines gemeinsam haben: ein langweiliges Leben, sehr überschaubare finanzielle Mittel, Lebensfrust, Erfolglosigkeit und der nie zugegebene Neid auf andere, die 'es geschafft haben' oder die sich nie Gedanken über (lang bis ewig anhaltende) finanzielle Engpässe machen müssen. Eigentlich sind das bedauernswerte Menschen, die im Ausland gescheitert sind, aber für die auch eine durchaus empfehlenswerte Rückwanderung in die alte Heimat – aus welchen Gründen auch immer – nicht in Frage kommt...

Nichts ist hier für uns Zuwanderer umsonst. Kein Krankenhaus, kein Arzt, keine Schule für die Kids – keine sozialen Einrichtungen, Essenstafeln, Starthilfen, Hartz-4, Zuschüsse, Wohngeld oder Kindergeld – absolut nix! Wer nach Paraguay auswandern möchte, muss zusehen, dass er das finanziell und möglicherweise bis an sein Lebensende durchstehen kann. Wer nicht das Zeug zum Selbständigsein hat, versucht mit kleinen Provisionen (z.B. wenn er Frischlinge mit einem Einwanderungshelfer zusammenbringt) hie und da sein Leben zu versüßen. Als Angestellter ist es für Zuwanderer sehr schwierig und zäh bei den extrem niedrigen Löhnen und relativ hohen Mieten hier über die Runden zu kommen. Paraguay ist ein schönes Land, in dem man auch als Einwanderer zufrieden, preiswert und glücklich leben kann. Aber dazu bedarf es einer sicheren Existenzgrundlage – sonst kann aus dem Traum vom neuen, schönen Leben rasch ein Trauma werden...




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